Überraschend ist: es gab im Schwäbisch Hall Betriebsrat fast immer zwei Fraktionen, die hbv (Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen) und die DAG (Deutsche Angestellten Gewerkschaft). Diese beiden Gewerkschaften haben sich zeitweise in erbitterte Konflikte verstrickt. Eine Geschichte wurde mir beispielsweise so erzählt, dass die hbv die Flugblätter der DAG geklaut habe. Im Nachhinein eher lustig, aber als das passiert ist – ihr könnt euch vorstellen was da los war.

Aus hbv und DAG (und anderen) hat sich schließlich verdi geformt. Ich war Befürworterin des Zusammenschlusses und damit der Bündelung der Kräfte und ich habe damals in wichtigen Funktionen innerhalb der hbv dafür gestritten, z.B. als stellvertretende Landesvorsitzende in Baden Württemberg.

Die Frage stellt sich um so mehr warum sich die Bessere Alternative von verdi abgespalten hat. Es gab einen wichtigen Grund und einen konkreten Anlass.

Der konkrete Anlass war die erste Aufsichtsratswahl im Kreditwerk (nach der Abspaltung des kreditwerks von der Bausparkasse). Es ging um drei Positionen für Arbeitnehmervertreter*innen. Und was denkt ihr was passiert ist? Bei einem Frauenanteil an der kreditwerk-Belegschaft von 70% haben sich drei männliche Arbeitnehmervertreter dazu berufen gefühlt, für die drei Positionen anzutreten. Das war Anfang der 2000er Jahre. Zu der Zeit gab es wichtige Diskussionen und Maßnahmen zur betrieblichen Frauenpolitik und einige Frauen des Betriebsrats sind mit der 100% Männerquote überhaupt nicht klargekommen.

Zu der Zeit gab es schon die wöchentlichen Treffenden Rose Kröner zuhause: jeden Montag von 18-20 Uhr haben wir über die betriebliche Situation diskutiert und beraten. Um es kurz zu machen: genau dort wurde der Beschluss gefasst, dass wir eine eigene Liste zur Aufsichtsratswahl kreditwerk aufstellen. Damit hatte die Betriebsratsmehrheit nicht gerechnet. Es gab eine riesige Debatte in allen möglichen Gremien. Die Kandidierenden wurden letztlich bestraft und aller gewerkschaftlicher Ämter enthoben. Ergebnis war trotzdem, dass die Kandidatur der Besseren Alternative durch ein Mandat im Aufsichtsrat des kreditwerks von der Belegschaft honoriert wurde. Das war ein großer Erfolg für uns, aber die Zeit war wirklich sehr hart. Das weit verbreitete Argument, es gäbe keine Frauen, die bereit sind zu kandidieren, hat für uns sicherlich nicht gegolten.

Heute kann man sich das gar nicht mehr vorstellen, dass nur Männer für den Aufsichtsrat kandidieren. Das ist beruhigend. Hoffen wir, dass die Beteiligung von Frauen auf allen Ebenen immer mehr zu Selbstverständlichkeit wird. Im Vorstand gibt’s nun auch endlich Bewegung – ein schwieriger Prozess.

Der elementare Grund für die Abspaltung der Besseren Alternative war die Abspaltung des kreditwerks von der Bausparkasse. Damit einher ging die Flucht aus dem Flächentarifvertrag. Es wurde zwar der Kompromiss gefunden, dass alle bis dahin Beschäftigten in einem Überleitungstarifvertrag abgesichert werden, aber es war klar, dass alle Neueinstellungen unter den Haustarifvertrag fallen würden. Damals habe ich im Aufsichtsrat gegen die Gründung des kreditwerks gestimmt und die Bessere Alternative hat alles versucht, die Zerschlagung des Flachentarifvertrags zu verhindern. Leider ist uns das bekanntlich nicht gelungen. Heute sieht man zunehmend die Auswirkungen des Ausstiegs aus dem Flächentarifvertrag: nicht nur bei den unterschiedlichen Konditionen sondern auch bei der Frage der Streikfähigkeit. Es ist bitter, dass Kolleg*innen die gleiche Arbeit erledigen und unterschiedlich bezahlt werden. Hinzu kommen die unterschiedlichen Sozialleistungen, ganz gravierend der Wegfall einer Betriebsrente. Ich möchte euch mit weiteren Ausführungen nicht langweilen. Wenn du dich näher interessierst, sprich mit gerne an.

Die Antwort auf die Frage ob es denn in anderen Betrieben auch so ist, dass verschiedene Listen kandidieren, ist: ja, völlig normal. Tragisch ist es aus meiner Sicht, wenn dann tatsächlich AfD-Kandidierende Betriebsratsmandate erhalten und ihrer Grundwerte entsprechend Betriebspolitik machen. Die Grundwerte der Besseren Alternative sind völlig andere als die einer AfD, ganz klar. Die meisten Kolleg*innen haben das hoffentlich auch bemerkt.

Wir denken, dass Pluralität in einer Demokratie existentiell ist. Meinungsaustausch wird durch zwei Fraktionen gefördert. Das Ringen um die beste Lösung verbessert in der Regel die Qualität des Ergebnisses. Nachgewiesen ist, dass die Wahlbeteiligung bei zwei Fraktionen höher ist. Eigentlich logisch, denn es ist spannender, aus verschiedenen Möglichkeiten zu wählen.

Ja, so war das. Deshalb gibt es die Bessere Alternative. Wie gesagt, das war um die Jahrtausendwende herum. Was bedeutet das für das Hier und Jetzt? Dieser Frage müssen wir uns täglich stellen. Wi schaffen wir es die Interessen der Beschäftigten optimal zu vertreten?

Silvia Ofori

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